Hospitationsprogramm zwischen Berlin und polnischen Regionen geht weiter
Gleiche Aufgaben – andere Herangehensweise: Polnische Hospitantinnen Gozdziewska (zweite von rechts) und Szymczyk-Stefanska (dritte von links) mit Mitarbeitern des Berliner Senats; © Monika Gozdziewska
„Für die tägliche Arbeit in der deutsch-polnischen Kooperation ist es sehr hilfreich, die Strukturen in der Verwaltung des Partnerlandes besser kennen zu lernen. Auch wenn die zu erledigenden Aufgaben häufig die gleichen sind, ist es die Herangehensweise nicht immer“, sagt Regina Elias, Mitarbeiterin des Europareferats der Senatskanzlei, die das Hospitationsprogramm betreut.
Wir haben Monika Gozdziewska und Dominika Szymczyk-Stefanska zu ihren Eindrücken und Erfahrungen bei ihren Hospitationen befragt.
1. Was hat Sie zur Absolvierung einer Hospitation in der deutschen Verwaltung motiviert?
Dominika Szymczyk-Stefanska: Ich habe an der Hospitation in der deutschen Verwaltung teilgenommen, weil ich unbedingt meine Kenntnisse im Bereich der Raumplanung und des Raumordnungsplans erweitern sowie die Strukturen und Arbeitsweise in diesem Bereich „an der Quelle", d. h. nach dem deutschen Planungssystem kennenlernen wollte. Das deutsche Recht der Raumplanung und alle sich daraus ergebenden Aktivitäten haben vor Jahren als Grundlage für die polnische Rechtsordnung in diesem Bereich gedient. Die Hospitation hat mir die Chance gegeben, den Vergleich beider Planungssysteme in der Praxis/live zu erleben. Zahlreiche Treffen, Gespräche, die Teilnahme an den Tagungen und der fachliche Austausch ermöglichten eine Konfrontation mit den Spezialisten, die sich in ihrem Alltag mit dem Thema der Raumplanung und Realisierung der diesbezüglichen Aktivitäten auseinandersetzen, sowohl in Berlin als auch in Brandenburg.
Monika Gozdziewska: Ganz zufällig habe ich über die Möglichkeit der Hospitation in der Berliner Verwaltung erfahren. Zuerst war ich mir nicht sicher, ob dieses Angebot auch an mich gerichtet ist, da ich Mutter von zwei Kindern bin, und drei Wochen außer Haus zu sein, ist eine mutige Idee. Gute Organisation und Unterstützung meiner Verwandten haben mir aber die Hospitation ermöglicht. Ich arbeite sehr oft mit Kollegen/innen aus verschiedenen Bundesländern zusammen. Aber ich hatte nie die Gelegenheit gehabt, mir die Arbeit „beim Nachbarn" anzusehen. Ich wollte mich mit der Arbeitsweise in der Senatsverwaltung vertraut machen, insbesondere im Bereich der Außenpolitik und den damit verbundenen Verfahren. Ein Nebenaspekt, der aber für mich von großer Bedeutung war, war die Möglichkeit, mein Deutsch zu verwenden.
2. Was waren die für Sie wichtigsten Erfahrungen, die Sie dabei gemacht haben?
Dominika Szymczyk-Stefanska: In den drei Wochen der Hospitation habe ich so viele Erfahrungen gesammelt, da fällt eine Auswahl der wichtigsten schwer. Von jedem Treffen habe ich wertvolle Informationen mitgenommen, die etwas mit der Erweiterung von Planungsfragen oder der Problemlösung zu tun haben. Als sehr aufbauend und als besonders interessant habe ich Gespräche mit meinem Hospitationsbetreuer, Herrn Dr. Jürgen Murach, empfunden. Er besitzt ein hervorragendes Wissen über die Raumplanung sowie andere damit verbundene Bereiche und teilt dieses mit großem Engagement. Das ist für mich ein fantastisches Beispiel dafür, wie man eigene Leidenschaft und Interessen im Berufsleben ausleben kann.
Monika Gozdziewska: Ich muss zugeben, dass das ganze Programm der Hospitation ausgezeichnet vorbereitet war und keine Langeweile aufkam. Das ist vor allem meinen Betreuern zu verdanken - Frau Simone Bröschke (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung) und Frau Regina Elias (Senatskanzlei).
Jedes Treffen, an dem ich teilgenommen habe, war für mich sehr informativ und alle haben sehr gerne meine Fragen beantwortet. Das Wichtigste für mich war jedoch, beruflich gesehen, die Teilnahme an der Plenarsitzung des Berliner Parlaments sowie das Treffen mit den Mitarbeitern, die für die Organisation der Arbeit während der Plenarsitzungen sowie in den Ausschüssen des Berliner Parlaments verantwortlich sind. Ich hatte die Möglichkeit, der Arbeit der Politiker während des Gesetzgebungsverfahrens sowie der für die Arbeitsorganisation zuständigen Verwaltungsmitarbeiter zuzusehen.
3. Bei welchen Erfahrungen können Sie sich vorstellen, sie in Ihrer Arbeit praktisch umzusetzen?
Dominika Szymczyk-Stefanska: Bei den deutschen Arbeitskollegen habe ich einen Umgang mit Informationen beobachtet, der bestimmt auch für meine Arbeit nützlich sein kann. Dies betrifft sowohl die Verarbeitung der Informationen als auch ihre synthetische und gleichzeitig logische Verwendung und Darstellung in Dokumenten und Publikationen. Diese Vorgehensweise ermöglicht schnelle und eindeutige Schlussfolgerungen und deren Umsetzung in der realen Tätigkeit. Es lohnt sich auch, die Arbeitsweise der Mitarbeiter in den Referaten der Senatsverwaltung anzuschauen – Austausch von Wissen, fachliche Hilfe für die weniger erfahrenen Kollegen oder der schnelle Informationsfluss. Dies hat zweifelsohne positiven Einfluss auf die Qualität und Effektivität der Ausübung von übertragenden Aufgaben, aber auch auf die Arbeitsatmosphäre.
Monika Gozdziewska: Das Marschallamt funktioniert ähnlich wie die Senatsverwaltung, aber natürlich in anderer Dimension. Die Aufgaben und die Pflichten der Mitarbeiter bleiben jedoch gleich. Man kann auch die hervorragende Kommunikation und den Informationsfluss sowie die klar geregelten Verfahren beobachten. Meiner Meinung nach ist das System von Verbindungsstellen in den Senatsverwaltungen eine ausgezeichnete Lösung, dank der die Aufgabe die richtige Person erreicht, was natürlich die Arbeit beschleunigt. Eine gute Sache sind auch die Treffen der Referate und Abteilungen, während derer die Mitarbeiter berichten, was sie letzte Woche gemacht haben, welche aktuellen Aufgaben sie zur Zeit haben sowie was für die kommende Woche geplant ist.
4. Was haben Sie beim Arbeitsalltag in der deutschen Verwaltung als "anders" im Vergleich zur Arbeitsweise in Ihrer Verwaltung empfunden?
Dominika Szymczyk-Stefanska: Das Engagement und Fachwissen der deutschen und meiner polnischen Arbeitskollegen würde ich als gleich hoch einstufen. Die Unterschiede der Arbeitsweise ergeben sich bestimmt sowohl aus den spezifischen Schwerpunkten der Arbeit und den Details der Thematik, mit der ich mich beruflich beschäftige. Der Rechtsrahmen und die Struktur des Planungssystems in Deutschland unterscheiden sich von den polnischen Standards. Trotz der Unterschiede kann man jedoch auch die gemeinsamen Eigenschaften finden, die für alle Planungsvorgehen typisch sind, u. a. die Sorge um gute „Qualität" des Raumes, die Minimalisierung der Raumkonflikte oder die Berücksichtigung der großen Bedeutung der Umwelt in den Planungsvorgaben.
Monika Gozdziewska: Deutsches und polnisches Recht geben entsprechend den Bundesländern und den Wojewodschaften unterschiedliche Kompetenzen, deswegen ist es so schwer, sie zu vergleichen. Die deutsche Verwaltung ist sicherlich sehr ausgebaut, hat aber auch mehr Aufgaben aufgrund der Kompetenzen des Landes. Eigentlich habe ich keine auffallende „Andersartigkeit" gemerkt. Sowohl in der deutschen, als auch in der polnischen Verwaltung haben die Mitarbeiter ihnen zugeteilte Aufgaben, sie sind kompetent, engagiert und freundlich. Das Positive, das mir aufgefallen ist, ist die Gleitzeit. Ich denke, solch eine Lösung ist von Vorteil sowohl für den Arbeitnehmer, als auch für den Arbeitgeber.
5. Was war/ist für Sie der wichtigste Mehrwert Ihrer Teilnahme am Hospitationsprogramm?
Dominika Szymczyk-Stefanska: Der größte Gewinn der Teilnahme an der Hospitation war für mich eindeutig die Möglichkeit, den vielen Spezialisten aus meiner beruflichen Branche zu begegnen. Die Gespräche, der fachliche Austausch, die Teilnahme an den von der Berliner Verwaltung und anderen Einrichtungen organisierten Veranstaltungen haben mein Wissen erweitert und mir einen neuen Blick auf die Thematik der Raumplanung aus einer ganz anderer Perspektive ermöglicht. Einen weiteren Mehrwert meiner Hospitation stellt natürlich auch der direkte Kontakt mit der Sprache dar, dank welchem ich die Möglichkeit hatte, die Fachbegriffe kennenzulernen, die ich vorher nicht kannte und nicht angewandt habe.
Monika Gozdziewska: Das Wichtigste für mich war die Möglichkeit, die Kollegen/innen kennenzulernen, weil der Kontakt "face to face" durch keine E-Mail und kein Telefongespräch zu ersetzen ist. Durch die gemeinsamen Gespräche habe ich viele Sachen erfahren, viele Informationen und Erfahrungen ausgetauscht, die auf jeden Fall in die zukünftige grenzüberschreitende Zusammenarbeit einfließen wird.
6. War es für Sie schwierig, im fremdsprachlichen Umfeld zu arbeiten/aktiv zu werden? Inwieweit erschweren die Sprachdifferenzen die Kooperation zwischen den deutschen und polnischen Kollegen?
Dominika Szymczyk-Stefanska: In den ersten Tagen der Hospitation hat die Arbeit im fremdsprachlichen Umfeld mir Schwierigkeiten bereitet, hauptsächlich aufgrund des Gebiets, in dem ich arbeite, und der Fachterminologie, die ich früher nicht benutzt habe. Nach einigen Tagen ist es mir gelungen, die Sprachbarriere zu überwinden und mich schrittweise in die Fachbegriffe einzuarbeiten. Leider stellt die Sprachbarriere bei der Anknüpfung der deutsch-polnischen Kooperation immer noch ein großes Hindernis dar. Zu wenige Kollegen aus Polen sprechen deutsch, obwohl dies langsam besser wird. Andersherum lernen viele Mitarbeiter der deutschen Verwaltung Polnisch, um die Freundschaft mit den polnischen Kollegen zu festigen. Zum Glück beherrschen viele Englisch und eben diese Sprache erleichtert die bilateralen Fachkontakte.
Monika Gozdziewska: Die Hospitation im Ausland bedeutet nicht nur, das Umfeld zu wechseln, sondern auch die Notwendigkeit, sich in der Fremdsprache zu verständigen. Die ersten Tage waren schwierig. Ich musste mich überwinden und anfangen „auf Deutsch zu denken". Alle waren sehr verständnisvoll. Wenn es um die Sprachbarriere zwischen den polnischen und deutschen Kollegen/Innen geht, die ist immer noch da und macht die Zusammenarbeit schwieriger. Solche Austauschprojekte für Verwaltungsmitarbeiter helfen bestimmt, diese Unterschiede zu beheben.
Während der Hospitation konnte ich an einem deutsch-polnischen Sprachkurs für die Mitarbeiter der Berliner Senatsverwaltung teilnehmen und ich war angenehm überrascht, wie viele Menschen, insbesondere unter den Mitarbeitern der Senatskanzlei, Polnisch beherrschen. Ich denke, es ist sehr wichtig, den Menschen klar zu machen, dass es sich lohnt, die Sprache der Nachbarn zu sprechen, weil uns dadurch mehr verbindet, als uns teilt.
7. Ganz einfach vielleicht: Was hat Ihnen besonders gefallen?
Dominika Szymczyk-Stefanska: Beruflich gesehen freue ich mich besonders über die Möglichkeit, mit dem professionellen Umfeld zu verkehren und über die Kontakte mit den Spezialisten aus Deutschland. Die Aufgeschlossenheit und Freundlichkeit der deutschen Kollegen/innen aus der Senatsverwaltung hat auf mich einen großen Eindruck gemacht. Sie haben mir gerne geholfen, ihre Arbeit – sowohl aus der theoretischen als auch aus der praktischen Sicht – zu erkunden.
Neben der beruflichen Vorteile der Hospitation ruft der Aufenthalt in Berlin bei mir sehr positive, persönliche Erinnerungen hervor. Drei Wochen, die sehr schnell vergangen sind, haben mir erlaubt, die besondere Atmosphäre der Hauptstadt zu genießen, ihre Einwohner kennenzulernen und die wichtigsten Merkmale der Stadt zu bewundern. Ich denke, es war für mich ein unvergessliches, obwohl kurzes "Abenteuer", und ich empfehle diese Erfahrung allen Kollegen.
Monika Gozdziewska: In den drei Wochen habe ich viel erfahren und gelernt, aber das Wichtigste war für mich, dass ich viele Leute kennengelernt habe, die mit mir ihre Erfahrungen teilten und mir mit Rat und Tat zur Seite standen. Besonders gut hat mir auch die Arbeitsatmosphäre gefallen, weil es in Berlin eine außergewöhnliche Vielfalt aller Nationen und Kulturen gibt. Berlin lockt mit seiner besonderen Stimmung und Offenheit.