Leben und Werk von Jan Potocki - Konferenz an der Europa-Universität Viadrina (Frankfurt / Oder)
Jan Graf Potocki, ein Spross des polnischen Hochadels, war Ethnograph, Historiker, Geograph, Sprachwissenschaftler, Altertumsforscher, politischer Akteur, Dramatiker, und vieles mehr. Eigentlichen Ruhm hat er als Romanschriftsteller posthum erworben: mit dem labyrinthisch angelegten "Manuscrit trouvé a Saragosse", das er wie seine übrigen Arbeiten und seine Korrespondenz in franzoesischer Sprache zu Papier brachte. Als Offizier in habsburgischen und maltesischen Diensten, als Forscher und als Diplomat bereiste dieser Kosmopolit ganz Europa, das Mittelmeer, Marokko und Ägypten, und schließlich auch Sibirien und die Innere Mongolei. Mit ethnographischen und sprachwissenschaftlichen Studien, sei es in Niedersachsen, im Kaukasus oder in anderen russisch-osmanischen Grenzregionen,
erforschte er die Spuren vergangener und Formen gegenwaertiger slawischer Kulturen und entwickelte dabei die retrogressive Methode.
Anlaesslich seines 200. Todestages wird die internationale und interdisziplinaere Tagung aus unterschiedlichen Perspektiven an diesen europaeischen Freigeist erinnern. Die erstaunliche Modernitaet des zwischen Aufklaerung und Romantik stehenden Literaten und Wissenschaftlers Jan Potocki zeigt sich u.a. in der von ihm verwendeten Technik der multiperspektivischen Darstellung: im Roman aus den verschiedenen Blickwinkeln der Protagonisten, in der Ethnographie durch die Kombination von Zeugnissen aus Vergangenheit und Gegenwart sowie in der ganz unbefangenen Beobachtung fremder Kulturen, denen ihre jeweils eigenen Sichtweisen zugestanden werden.
Das führte ihn in der Konsequenz zu einem Kulturbegriff jenseits des Eurozentrismus und in einen kulturellen Relativismus, der bis heute eine Herausforderung und eine Anregung von den Wissenschaftlern bis hin zur Populaerkultur wirkt. Die Konferenzbeitraege werden Potockis Relevanz vor allem auf den Feldern der Ästhetik, der Politik und der Wissenschaften hervorheben.